Sanierter Nordflügel von Schloss Thurnau eingeweiht

Wie das Landratsamt Kulmbach mitteilte, wurde der sanierte Nordflügel des Schlosses Thurnau in Anwesenheit des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume, sowie zahlreicher Gäste aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft im Rahmen eines Festaktes – mehrmals durch die Pandemie verschoben – nun offiziell eingeweiht und seiner künftigen Nutzung übergeben. Einst von den Adelsfamilien Künßberg und Giech bewohnt, werden die Räume heute vom Institut für Fränkische Landesgeschichte der Universitäten Bamberg und Bayreuth mit Leben erfüllt.

Zwischen 2015 und 2019 wurde der Nordflügel des Thurnauer Schlosses durch die Gräflich Giech’sche Spitalstiftung aufwändig und mit feinem Gespür für das historische Ensemble renoviert, wovon sich Staatsminister Markus Blume, wie auch die Gäste, bei einem Rundgang durch die Räumlichkeiten überzeugen konnten.

Wissenschafts- und Kunstminister Markus Blume betonte: „Herausragende Schlossanlage von nationaler Bedeutung, Forschungsinstitut von unschätzbarem Wert für die kulturelle Identität des Freistaats und Leuchtturmprojekt der Denkmalpflege: Mit der Einweihung des Nordflügels von Schloss Thurnau erstrahlt ein prachtvoller Ort bayerischer Geschichte in neuem Glanz! Als Sitz des Instituts für Fränkische Landesgeschichte der Universitäten Bayreuth und Bamberg steht Schloss Thurnau darüber hinaus für exzellente Forschung – eine einzigartige Symbiose aus Kultur und Wissenschaft! Der heutige Festakt ist ein Meilenstein der Gesamtinstandsetzung dieser imposanten Schlossanlage. Herzlichen Dank an die Gräflich Giech’sche Spitalstiftung als Eigentümerin und alle anderen Beteiligten für die bisher so erfolgreiche Umsetzung dieser umfangreichen Bauaufgabe. Als Freistaat haben wir dieses äußerst anspruchsvolle Projekt bis heute gerne mit insgesamt rund 12 Millionen Euro aus dem Entschädigungsfonds unterstützt.“

Die Sanierung des Nordflügels wurde in zwei Phasen durchgeführt, um die notwendigen Renovierungsarbeiten abzuschließen. Im ersten Schritt wurden die im 15. Jahrhundert von der Familie Förtsch erbauten Gebäudeteile in Bezug auf Statik und Brandschutz modernisiert. Um Barrierefreiheit zu gewährleisten, wurde ein vorgelagerter Glasbau am Nordflügel errichtet, der neben einer Treppe auch einen Stahlglas-Aufzug beherbergt.

Im zweiten Bauabschnitt lag der Fokus auf der Gestaltung der Außenbereiche, der Erneuerung der Fassade, der Erweiterung der Bibliotheksräume, dem Veranstaltungs- und Multifunktionsraum, den sanitären Anlagen und der Instandsetzung des Kellergewölbes.

„Es musste ein ganz erheblicher Aufwand betrieben werden, um die gesteckten Ziele zu erreichen“, erklärt Landrat und Vorsitzender des Stiftungsvorstandes der Gräflich Giech’sche Spitalstiftung Klaus Peter Söllner. „In der Umsetzung war ebenso ein feines Gespür für die vorhandene Substanz unentbehrlich, wie Visionen für die sich bietenden Möglichkeiten. Sicherlich ein Spagat – dafür ist das Endergebnis aber umso beeindruckender! Es bedurfte des konstruktiven Miteinanders aller Akteure und eines harmonischen Zusammenspiels verschiedenster Fördergeber, um das historische Ensemble im unteren Schlosshof in neuem Glanz mit einer neuen Nutzung erstrahlen zu lassen. Aber letztendlich ist es uns – nach mehreren Jahren Bauzeit – gelungen, unsere kühnen Pläne zu realisieren!“

„Sehr gerne ist der Markt Thurnau dem Wunsch der Giech`schen Stiftung nachgekommen und hat die finanzielle Abwicklung der genannten Baumaßnahmen übernommen“, erläutert Martin Bernreuther, 1. Bürgermeister des Marktes Thurnau. „Vielen Dank für die Bereitstellung der Mittel an alle Beteiligte, insbesondere an Frau MdB Emmi Zeulner, die sich massiv für die Aufnahme des Schlosses in das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ eingesetzt hat. Diese Förderung bildete letztlich den Grundstein für die Sanierungsmaßnahme. Durch den Einzug des Instituts für fränkische Landesgeschichte wird unser Ortskern weiter gestärkt und lebendig gehalten. Herzlichen Dank an die Verantwortlichen der beiden Universitäten Bayreuth und Bamberg für die Standortentscheidung.“

Sanierung des Schloss Thurnau Nordflügels: Finanzierung und Fördermittel

Die Realisierung der Baumaßnahmen war ausschließlich durch umfangreiche finanzielle Unterstützung verschiedener Geldgeber möglich. Insgesamt wurden etwa 8 Millionen Euro für die Instandsetzung des Nordflügels und die Neugestaltung der Außenbereiche investiert. Die bedeutendsten Fördermittel kamen vom Bund im Rahmen der Nationalen Projekte des Städtebaus sowie vom Freistaat Bayern durch die Förderoffensive Nordostbayern und den Entschädigungsfonds.

Wie Bezirkstagspräsident Henry Schramm betont, habe der Bezirk Oberfranken das Thurnauer Schloss über viele Jahre hinweg im Zuge der Denkmalpflege gefördert.

Seit 2017 habe dann die Oberfrankenstiftung das Institut für Fränkische Landesgeschichte über fünf Jahre hinweg voll finanziert: „Auf die Initiative der Stiftung und meines Vorgängers Dr. Denzler hin behielt das Institut auch seine eindeutig fränkische inhaltliche Ausrichtung. Zumindest auf dem geisteswissenschaftlichen Sektor ist ein solches Institut einmalig in ganz Bayern“, so Schramm. Die Arbeit des Instituts sei zudem bis heute inhaltlich und personell eng mit der Kultur- und Heimatpflege des Bezirks Oberfranken verwoben.

In den renovierten und repräsentativen Räumlichkeiten wird das 2017 gegründete Institut in wissenschaftlicher Kooperation mit den beiden Oberfränkischen Universitäten und durch Förderung der Oberfrankenstiftung landesgeschichtliche Forschung bündeln.

„In diesem wunderschönen historischen Setting wird geforscht, gelehrt, diskutiert und getagt“, freut sich Prof. Dr. Stefan Leible, Präsident der Universität Bayreuth. „Die Historikerinnen und Historiker, die im Nordflügel untergebracht werden, beschäftigen sich mit der fränkischen Region, aber sie schauen auch immer wieder weit über Franken hinaus. Deshalb freue ich mich, dass wir diese Räumlichkeiten einweihen, damit auch weiterhin zentrale Impulse von Thurnau ausgehen können.“

„Das Institut für fränkische Landesgeschichte ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie wir als Universitäten einen wertvollen Transfer in die Gesellschaft leisten können“, ergänzt Prof. Dr. Kai Fischbach, Präsident der Universität Bamberg. „Es ist Ausgangspunkt für zahlreiche Ausstellungen und Grundlage für Kooperationen mit Schulen und historischen Vereinen in der Region. Mit der Etablierung der Industrieregion Nordbayern verbinden wir den Wunsch nach einer noch intensiveren Kooperation zwischen den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren zum Wohle des Standorts Oberfranken.“

Wissenschaftliche Schwerpunkte des Instituts für Fränkische Landesgeschichte

Die Forschungsaktivitäten des Instituts für Fränkische Geschichte zeichnen sich durch ihre zeitübergreifenden und interdisziplinären Ansätze sowie durch europäische und weltweite Vernetzung der fränkischen Historie aus. Zusätzlich pflegt das Institut für Fränkische Landesgeschichte kontinuierlichen Dialog mit regionalen und lokalen Geschichtsakteuren und trägt maßgeblich zur Vermittlung von Informationen und Wissen an die interessierte Öffentlichkeit bei.

Geschichtlicher Überblick Nordflügel

Nordflügel und Zwinger
1430: Zerstörung der Vorgängerburg durch die Hussiten

  1. Jahrhundert.: Bau des Nordflügels und Errichtung des Zwingers
    1731: Ankauf des Unteren Schlosses durch die Giech und Umgestaltung
    2019: Einzug des Instituts für Fränkische Landesgeschichte der Universitäten Bamberg und Bayreuth

Der Nordflügel und der Zwinger (Zwischenraum zwischen Burg und Wehrmauer) wurden im 15. Jahrhundert von der Familie Förtsch angelegt, nachdem die Hussiten 1430 die Vorgängerburg schwer beschädigt hatten. Die Zwingermauer und die drei Wehrtürme schuf man, um sich künftig vor Angriffen besser schützen zu können. Die Mauer selbst wurde später mit einem Wehrgang aufgestockt.

Bei der Errichtung des Nordflügels wurde der zur Vorgängerburg gehörende Bergfried (Wehrturm) in den Bau integriert. Im zweiten Obergeschoss des Nordflügels befinden sich hochwertige Wandmalereien aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Neben einer Treibjagdszene ist das für einen Profanbau seltene Sujet eines gemalten Epitaphs (Gedächtnisbild) zu sehen. Der Nordflügel diente der Familie Künßberg im 17. Jahrhundert als Wohnraum.

Die vormals Künßberg’schen Räumlichkeiten wurden nach 1731 durch die Giech laufend umgestaltet. Graf Christian Friedrich Carl ließ im nordwestlichen Wehrturm einen runden Bibliotheksraum und ein Musikzimmer im Stil des Rokoko einrichten. Seit dem 19. Jahrhundert war das umfangreiche Giech’sche Familienarchiv, das sich heute im Staatsarchiv Bamberg befindet, im Nordflügel untergebracht.
Nach 1945 diente das Schloss, insbesondere der Nordflügel, zahlreichen Flüchtlingen als Unterkunft. Unter ihnen befanden sich Persönlichkeiten wie der Pianist Wilhelm Kempff, die Malerin Toni Farwick und der Violinist Gerhard Taschner.

Von 2017 bis 2019 wurde der Nordflügel saniert. Hier befindet sich nun das aus Mitteln der Oberfrankenstiftung gegründete Institut für Fränkische Landesgeschichte der Universitäten Bamberg und Bayreuth. Der dem Gebäude vorgelagerte Glasanbau dient der barrierefreien Erschließung der Geschosse.

Quelle:https://www.thurnau.de/freizeit-kultur-tourismus/sehenswuerdigkeiten/schloss-thurnau/

Fotos: @ Landratsamt Kulmbach